Wie aus heiterem Himmel!

Quelle: Wort und Bild Verlag

Beethoven hatte ihn wohl und auch Luther, vielleicht auch van Gogh, der sich selbst das Ohr abschnitt: den Hörsturz. Der Name lässt es schon vermuten: Ein Hörsturz kommt wie aus heiterem Himmel. Ein dumpfer Druck auf dem Ohr, ein Gefühl, als hätte man auf einmal Watte im Gehörgang, so beschreiben es Betroffene. Sie hören deutlich schlechter oder so gut wie gar nichts mehr. Sehr häufig begleiten auch Ohrgeräusche (Tinnitus) und bisweilen auch Schwindelgefühle die Erkrankung. Man kann von Glück sagen, dass so gut wie nie beide Ohren gleichzeitig betroffen sind.
Der Hörsturz ist die häufigste Störung des Innenohrs. Etwa 15.000 Deutsche erleiden Schätzungen zufolge pro Jahr diesen plötzlichen Hörverlust. Neuere Analysen gehen sogar von einer weitaus höheren Zahl aus. Am häufigsten trifft es Menschen um ihr 50. Lebensjahr herum. Der Anteil der 30- bis 40-Jährigen steigt jedoch stetig an. Fast scheint es, der Hörsturz entwickele sich zu einer Zivilisationskrankheit.
Dabei gibt der Hörsturz den Forschern immer noch Rätsel auf. Das zeigt sich schon an seiner offiziellen Definition: ein plötzlich auftretender Hörverlust ohne erkennbare Ursache. Durchblutungsstörungen, Virusinfektionen, Autoimmunreaktionen oder Stress – noch keine der zahlreichen Theorien konnte wissenschaftlich bewiesen werden. 1998 hat allerdings eine klinische Untersuchung in Deutschland gezeigt, dass nahezu alle damals untersuchten Hörsturzpatienten zuvor akutem oder andauerndem emotionalem Stress ausgesetzt waren.
Das Risiko einen Hörsturz zu erleiden, steigt, wenn bestimmte Risikofaktoren vorliegen, die auch einen Schlaganfall oder Herzinfarkt begünstigen, also Übergewicht, ein erhöhter Cholesterinspiegel, Diabetes, Rauchen.
In jedem Fall sollten Sie bei ersten Anzeichen, ihren Hausarzt oder einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufsuchen. Dieser wird dann eine Differentialdiagnose erstellen, um eine Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen, die das Hörvermögen beeinträchtigen vorzunehmen. Vorboten eines drohenden Hörsturzes können ein einseitiges Druckgefühl und hochfrequente Ohrgeräusche sein. Je früher dann die Therapie einsetzt, desto besser ist dann die Prognose für eine vollständige Heilung. Unbehandelt kann ein schwerer Hörsturz bis zur vollkommenen Taubheit führen. Fast alle Behandlungsmethoden haben das Ziel eine bessere Durchblutung des Innenohrs erreichen. Dieses wird über eine so genannte rheologische Therapie erreicht, bei der das Fließvermögen des Blutes deutlich verbessert wird – das Blut kommt dann gewissermaßen besser in die Ecken. Daneben wird hochwirksamem Kortison, das eine entzündungshemmende Wirkung hat, sowie bestimmten („neurogenen“) B-Vitaminen behandelt.
Manche Ärzte empfehlen auch eine so genannte hyperbare Sauerstofftherapie, bei der unter zeitweilig erhöhtem Druck in einer Druckkammer reiner Sauerstoff geatmet und damit die Versorgung des Innenohres mit Sauerstoff verbessert wird. Insgesamt ist sich die Forschung derzeit aber noch nicht einig über die wirksamste Behandlungsmethode.
Haben Sie einen Hörsturz erlitten, sollte schnellstmöglich eine Therapie begonnen werden und Nikotin, Alkohol und Kaffee gemieden werden. Bei einem Tipp zum Schluss wird mir sicherlich kein Mediziner widersprechen: Gönnen Sie sich und Ihrem „ruhelosen“ Hörorgan Entspannung, und vermeiden Sie Stress so gut es geht. Das wirkt vorbeugend – und zwar nicht nur gegen einen Hörsturz.

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